Rückwirkend befristetes Anerkenntnis des BU-Versicherers rechtswidrig!

Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23. Februar 2022 (Aktenzeichen: IV ZR 101/20) hätte, könnten Urteile Geräusche verursachen, laut knallen müssen. Vielen Berufsunfähigen dürften mehr Berufsunfähigkeitsrenten zustehen. Warum das so ist, was der BGH konkret entschieden hat und in welchen Fällen Sie sich dringend durch eine Fachanwältin bzw. einen -anwalt für Versicherungsrecht beraten  lassen sollten, erfahren Sie hier.

Der BGH hat mit Urteil vom 23. Februar 2022 (Aktenzeichen: IV ZR 101/20) einer langjährigen Praxis vieler Berufsunfähigkeitsversicherer, zeitlich befristete Anerkenntnisse für die Vergangenheit auszusprechen, eine klare Absage erteilt. Die Rechte der BU-Versicherten wurden gestärkt.

Befristetes Anerkenntnis in der Berufsunfähigkeitsversicherung: BU-Versicherte sollte Berufsunfähigkeitsrente nur für die Vergangenheit erhalten.

Eine medizinische Fachangestellte litt nach einem Bandscheibenvorfall in 2013 an starken Rückenbeschwerden, die sie daran hinderten, ihren Beruf auszuüben. Im Juni 2015 meldete sie die Berufsunfähigkeit dem BU-Versicherer. Neun Monate später, im März 2016, nahm sie ihre berufliche Tätigkeit wieder auf. Im Herbst 2016 bestätigte der vom BU-Versicherer beauftragte Sachverständige den Eintritt von Berufsunfähigkeit, allerdings nur für die Vergangenheit, nämlich für die Zeit von Juli 2015 bis Februar 2016Unter Bezugnahme auf die sachverständigen Feststellungen erkannte der BU-Versicherer seine Leistungspflicht rückwirkend befristet für die Zeit von Juli 2015 bis Februar 2016 an.

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Versicherte gab sich mit der Leistungsentscheidung des BU-Versicherers nicht zufrieden.

Die Fachangestellte klagte vor dem Landgericht Potsdam und in zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht Brandenburg auf weitere – über Februar 2016 hinausgehende – Leistungen. Beide Instanzgerichte wiesen ihre Klage jedoch ab mit der Begründung, die Befristung des Rentenanspruchs auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum sei wirksam.

Dies sah der BGH zu Recht anders.

Der BGH entschied: Ein rückwirkend befristetes Anerkenntnis ist rechtswidrig.

Der BGH urteilte, dass rückwirkend befristete Anerkenntnis verstoße gegen das Versicherungsvertragsgesetz, weil es zum Nachteil des Versicherungsnehmers von den gesetzlichen Bestimmungen abweiche. § 173 Abs. 2 Satz 1 VVG lasse zwar grundsätzlich zu, ein Anerkenntnis einmalig zeitlich zu befristen, jedoch nicht für die Vergangenheit. Der vom Gesetzgeber mit dieser Regelung verfolgte Sinn und Zweck, so der BGH, sei allein, dem Bedürfnis nach einer vorläufigen Regelung für zweifelhafte Fälle gerecht zu werden. Denn dann erlaube eine einmalige Befristung eine vorläufige Zusage mit raschem Leistungsbeginn. Eine solche Situation der Unsicherheit, die eine vorläufige Regelung notwendig mache, liege aber nicht in der Vergangenheit, so der BGH.

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BU-Versicherer kann Leistungen nur im Wege der Nachprüfung einstellen.

Der BGH urteilte: Wenn der Versicherer der Ansicht ist, dass die Berufsunfähigkeit zum Zeitpunkt seiner Leistungsentscheidung bereits wieder entfallen ist, so muss er sein Anerkenntnis mit einer Nachprüfungsmitteilung verbinden. Sie muss bestimmte formelle und inhaltliche Voraussetzungen erfüllen, um wirksam zu sein. Ohne formell und materiell wirksame Nachprüfungsmitteilung ist der Versicherer unbefristet zur Leistung verpflichtet.

Das folgt aus dem Urteil des BGH:

Der BU-Versicherer darf sein Anerkenntnis nicht rückwirkend befristen. Tut er dies dennoch, gilt sein (befristetes) Anerkenntnis als unbefristet abgegeben. Der BU-Versicherer muss solange leisten, bis eine inhaltlich und formell wirksame Nachprüfungsmitteilung vorliegt.

Im Fall der Fachangestellten stellte der BGH fest, dass das Anerkenntnis des Versicherers eine wirksame Nachprüfungsmitteilung enthielt. Da die Leistungspflicht des Versicherers erst mit Ablauf des dritten Monats nach Zugang der Mitteilung endete, standen der Fachangestellten immerhin weitere Berufsunfähigkeitsrenten für die Zeit von März 2016 bis Januar 2017, also beinahe für ein weiteres Jahr zu.

Offen ließ der BGH, ob er anders entschieden hätte, wenn die Fachangestellte die Berufsunfähigkeit erst nachdem sie entfallen ist, gemeldet hätte und damit die Leistungspflicht des Versicherers ggf. durch ihr eigenes Verhalten verlängert hätte.

Viele Anerkenntnisse und Nachprüfungsmitteilungen sind fehlerhaft. Lassen Sie das Anerkenntnis fachanwaltlich überprüfen!

Haben Sie noch während Ihrer Berufsunfähigkeit Leistungen beim BU-Versicherer beantragt und ein Anerkenntnis mit Befristung der Leistungen in der Vergangenheit erhalten, ist die Befristung unwirksam. Ihnen stehen weitere Berufsunfähigkeitsrenten zu, sofern entsprechende Ansprüche nicht verjährt sind. Lassen Sie sich hierzu unbedingt durch einen Fachanwalt bzw. -anwältin für Versicherungsrecht beraten und das Anerkenntnis rechtlich prüfen. Ein Experte bzw. eine Expertin kann Ihnen sagen, ob und in welchem Umfang Ihnen weitere Leistungen zustehen.

Die Fachanwältinnen der BU-Hilfe.de helfen Ihnen hier gerne weiter. Schreiben Sie uns eine Nachricht über unser Kontaktformular. Wir freuen uns auf Sie!

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